Sucht Ihr Chancen oder vermeidet Ihr Risiken? Was ist schlauer? Und was hat das mit Momo zu tun?
Momo hat im Roman von Michael Ende eine besondere Gabe. Sie kann Menschen so gut zuhören, dass sie zu sich finden, neue Kraft schöpfen und fortan vor Ideen sprühend durchs Leben laufen. Doch irgendwann kommen die grauen Herren, kahlköpfig, gleichförmig und rauchend. Sie geben vor, dass sie Zeit sparen. Sie leben in einer Welt der Regeln. Und Sie verfolgen Abweichungen von der Norm zum Wohle der Allgemeinheit.
Chancen suchen oder Risiken vermeiden?
In Organisationen ist das so ähnlich. Beide Ansätze sind beliebt. Wie ist das bei Euch? Sucht Ihr Chancen oder vermeidet Ihr Risiken? So eindeutig ist die Lösung nicht. Denn wer sich verbessern möchte, hat die Wahl zwischen diesen Optionen. Entweder man fördert systematisch innovative Lösungen und sorgt damit für Durchbrüche. Oder man unterbindet die größten Katastrophen und hebt dadurch den Schnitt. Mit diesen beiden Optionen gehen zugleich auch zwei Gefahren einher. Durch Förderung innovativer Lösungen werden Fehler wahrscheinlicher. Durch Strukturen zum Unterbinden von Katastrophen hemmt man womöglich Spitzenleistungen.
Was ist sinnvoller?
Die empirische Antwort ist eindeutig. Ein Fokus auf Prävention ist schlecht. Und das gleich aus zwei Gründen. Führungskräfte mit Fokus auf Prävention neigen erstens dazu, die Entscheidungen ihrer Teams fehlerhaft zu überstimmen. Ein Fokus auf Fehlervermeidung führt selbst zu Fehlern. Lustig oder? Der zweite Effekt ist langweiliger, aber keineswegs unwichtiger. Ein Präventionsfokus führt im Mittel zu geringeren Leistungssteigerungen als eine Chancenorientierung. Woran liegt das?
Wenn sich eine Organisation, eine Geschäftsführung oder eine Führungskraft für einen Präventionsfokus entscheiden, dann bleibt das nicht ohne Konsequenzen. Solch eine Haltung suppt durch die Organisation. Es leitet die Kultur. Und es verhält sich so ein bisschen wie bunte Klamotten bei der ersten Wäsche: es färbt ab.
Natürlich kann es unter bestimmten Bedingungen durchaus sinnvoll sein, sich für einen Präventionsfokus zu entscheiden. Es gibt jedoch drei negative Mechanismen, die in solch einem Fall in Kauf zu nehmen sind:
Folgen von Risikoprävention
– Durch einen Fokus auf Präventionsfokus werden Menschen ängstlicher. Stichwort psychologische Sicherheit.
– Je mehr die Vermeidung von Fehlern im Vordergrund steht, desto weniger suchen Menschen nach neuen Horizonten und Möglichkeiten. Sie verlieren ihre Neugierde.
– Und schließlich ist das Herumhacken auf Fehlern und deren Verhinderung schlecht für die Stimmung. Das Team hat weniger Spaß an der Arbeit.
Je mehr es Euch auf also innovative Ergebnisse, kreative Ideen und herausragende Qualität ankommt, desto mehr muss sich der Blick auf Chancen richten. Klar ist es schwierig, aus dem gemütlichen, politisch opportunen Schneckenhaus des Präventionsdenkens herauszufinden. Aber es geht.
Leading by Momo
Ich würde das besonders gerne vielen Institutionen im öffentlichen Dienst zurufen. Graue Herren überwachen bis heute an vielen Orten gestreng das Befolgen eines Dschungels an Regeln. Aber: Die grauen Herren sind keine gute Wahl. Der Clou der grauen Herren bei Michael Ende besteht übrigens in einem Betrug. In Wirklichkeit sparen die grauen Herren gar eine Zeit. Sondern sie stehlen sie. Insofern seid bitte keine grauen Herren.
Macht es stattdessen wie Momo: Zuhören, ermutigen und inspirieren.
Das sind zentrale Hebel von Führungserfolg. Leading by Momo!
Literatur
Fischer, S., Frese, M., Mertins, J. C., & Hardt‐Gawron, J. V. (2018). The role of error management culture for firm and individual innovativeness. Applied Psychology, 67(3), 428-453.
Pearsall, M. J., Christian, J. S., Burgess, R. V., & Leigh, A. (2023). Preventing success: How a prevention focus causes leaders to overrule good ideas and reduce team performance gains. Journal of Applied Psychology, 108(7), 1121-1136.
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