Steht Ihr nach einem stressigen Tag eher auf Komödien, Krimis oder Horrorthriller? Und warum entscheiden sich Menschen bei sowas überhaupt unterschiedlich?
Bislang gab die Forschung darauf eine klare Antwort: die Situation sorgt dafür, wie die Entscheidung ausfällt. Und mein brillanter Kollege Rafael so: „Das ist doch Quatsch, das glaub ich niemals! Ich kenne lauter Leute, die sich sehr ähnlich in sehr unterschiedlichen Situationen verhalten. Irgendwo muss da ein Fehler drin sein.“
Rafaels Forschergeist
Rafaels Forschergeist war geweckt, er grub sich TIEF in die Literatur ein und schließlich wurde er fündig. In einer weithin genutzten Formel verbarg sich tatsächlich ein Fehler. Wow. Schon da war ich schwer beeindruckt. Aber das war noch längst nicht alles.
Rafael belegte diverse Mathekurse, grub sich wiederum tief ein und pimpte ebenso hart wie intensiv seine Statistikmuskeln – bis er es aus eigener Kraft schaffte, den harten mathematischen Beweis für den Fehler in der Formel zu Papier zu bringen, mittels aufwändiger Simulationen das Problem zu visualisieren und eine eigene Korrekturformel inklusive Beweis zu entwickeln. Ziemlicher Hammer oder? Das Ergebnis kann sich jedenfalls mehr als sehen lassen, finde ich: doi.org/10.3389/fpsyg.2020.00825
Doch damit nicht genug, denn die ursprüngliche war schließlich noch immer offen. Wir erinnern uns: Horror, Krimi oder Komödie? Also schnappte sich Rafael über 300 Leute, untersuchte ihren Umgang mit negativen Emotionen und berechnete die Ergebnisse nun mit der richtigen Formel. Und siehe da: die Entscheidung für Horror, Krimi oder Komödie ist viel stärker eine persönliche Angelegenheit als wir bislang dachten.
Finish with why!
Man mag sich nun fragen, wofür zur Hölle solch ein Quatsch gut sein soll. Warum nur? Aber denkt mal etwas intensiver drüber nach, wie häufig Ihr Emotionen fühlt und wie Ihr dann darauf reagiert. Was gerade noch etwas flapsig mit „Horror, Krimi oder Komödie?“ dargestellt wurde, hat auch Konsequenzen für das Arbeitsleben. Beispielsweise ob MitarbeiterInnen oder Führungskäfte in schwierigen Situationen verzweifelt werden oder Licht am Ende des Tunnels sehen, hängt gleichermaßen von der Situation und Person ab.
Dank Rafael verstehen wir diese Vorgänge nun viel besser. Auch ist das beispielsweise für ErzieherInnen und TherapeutInnen total wichtig, denn wenn es, wie wir bislang dachten, nur wenige Unterschiede zwischen Menschen gibt, könnten wir natürlich wunderbare Lösungen für Alle entwickeln. Doch wir müssen stattdessen den Leuten viel individueller zuhören als bislang, um die jeweils beste Lösung zu finden und um Menschen beim Umgang mit ihren Emotionen kompetenter zu helfen – ob in der Schule, zu Hause, auf dem Sportplatz oder bei der Arbeit. Hier gibts das alles in der ausführlichen Variante: doi.org/10.1007/s11031-021-09867-5
Parallel ist das hier natürlich auch eine echte und ziemlich beeindruckende Heldengeschichte. Was für ein geiles Beispiel für ein Growth Mindset. Falls Ihr da Bedarf haben solltet, fragt Dr. Rafael. Was für ein großartiger Typ. Hammer. Es ist jeden Tag wieder Freude und Ehre zugleich, mit so tollen KollegInnen arbeiten zu dürfen.
Literatur
WILMS, R., LANWEHR, R. & KASTENMÜLLER, A. (2020). Do we overestimate the within variability? The impact of measurement error on intraclass coefficient estimation. Frontiers in Psychology. http://doi.org/10.3389/fpsyg.2020.00825
WILMS, R., LANWEHR, R. & KASTENMÜLLER, A. (2021). Always look on the bright side of life? Exploring the between- and within-variance of emotion regulation goals. Motivation & Emotion. doi.org/10.1007/s11031-021-09867-5
Bild: unsplash.com/@lidyanada
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